Erlebt und beschrieben von Dirk Limann
Karte auf der letzten Seite
Nun, ich wollte eigentlich nur die neue Straße von Gua Musang von Osten her zu den Cameron Highlands radeln. Am Ende ist es eine „Tour de Malaysia“ geworden die mich von Malacca über Fraser’s Hill bis nach Kota Baru (Nord-Ost Ecke von Malaysia) und Thailand brachte. Der Höhepunkt war schließlich die Fahrt nach den Cameron Highlands und weiter hinauf zum Berg Brinchang (2032m), dem höchsten befahrbaren Punkt von West Malaysia.
Eine selbst auferlegte Bedingung war, nur Nebenstrecken zu benutzen und nirgendwo
Risiken einzugehen. Das war auch ein Versprechen an Jenny, die über die
„gefährliche“ Reise nicht gerade begeistert war.
Mit Hilfe meines GPS-Systems wurden die dementsprechenden Routen ausgesucht.
Es waren wirklich schöne Strecken mit den obligatorischen Gummi- und Palmölplantagen.
Seltener Ebenen mit Reisanbau, aber viel Urwald. Und auch bunte Bauerndörfer
mit freundlich winkenden Malay-Kindern oder sogar Orang Asli’s (Ureinwohnern)
mit Blasrohren bin ich begegnet.
Für die lange Strecke von Kuala Lipis nach Gua Musang gab es keine Nebenstrecken.
Erkundigungen ergaben, dass es eine alte schmale Straße war, die viel
Lastwagenverkehr und keinem Seitenstreifen hatte. Da war kein Platz mehr für
mich. Hier benutzte ich einen alten scheppernden Lokalbus.
Ein zweiter fahrfreier Tag war die Rückfahrt von Kota Baru nach Gua Musang
mit einem Bummelzug, der 7 Stunden brauchte.
An 7 Fahrtagen kamen 848 km zusammen. Das hört sich nach nicht viel an:
im Durchschnitt etwa 120 km pro Tag. Die weiteste Strecke war 170 km. Aber das
Innere von Malaysia ist hügelig und zusammen mit den zwei Hochlandtouren
musste ich insgesamt 8400 Höhenmeter in tropischer Schwüle stemmen.
Die Fahrt zu den Cameron Highlands brachte allein 115 km und fast 2800 Höhenmeter
zusammen.
Verpflegung habe ich in den einfachen Essenständen neben der Straße eingenommen. Durchschnittlich 1 Euro für ein Essen mit Getränk.
Günstig waren auch die Übernachtungen in kleinen „Malay“- Hotels für ca. 10 Euro pro Nacht. Manchmal sehr primitiv, ohne Klimaanlage, ohne eigenes Bad aber vielen stechenden Moskitos.
Eine größere Überlegung war, welches Rad ich nehmen sollte.
Da viele Bergfahrten auf dem Programm standen, war der erste Gedanken natürlich:
Mit dem MTB! Aber das Gewicht und die schlechten Rolleigenschaften hätten
mich zu viel Kraft gekostet. Also die Entscheidung: Rennrad! Die Sattelstützentasche
musste angepasst und ein GPS-Halter beschafft werden. Statt der Rennradpedale
wechselte ich zu MTB-Pedalen, um mit den MTB-Schuhen auch vernünftig laufen
zu können. Zum Schluss noch neue Reifen und eine neue Kette, um Pannen
weitestgehend auszuschließen.
An den mitzubringenden Sachen habe ich gegeizt wo ich nur konnte. Nur ein Satz
leichtgewichtige Unterwäsche, Socken, langes T-Shirt und eine Hose für
den Abend, sowie eine kleine Zahnbürste und Tube. Die Radsachen wurden
jeden Abend gewaschen.
Wichtig noch: Sonnenschutzcreme (Faktor 50+), Magnesium und Salztabletten.
Ein paar Sandalen und meine Kamera wurden aus Platz- und Gewichtsgründen
weggelassen.
Mein gesamtes Fahrgewicht, mit voller Ausrüstung und Wasser betrug nur
85 kg. Mein Eigengewicht war 71 kg, so dass das Rad inklusive all dem Rest nur
14 kg (!) wog. Das ist das Leergewicht meines MTB. Wahrlich eine leichtgewichtige
Reise.
Eine Fehleinschätzung war, am Abend nur meine MTB Schuhe zu benutzen. Die Schuhe waren nach einer Fahrt pitschnass. Entweder von Schweiß, Spritzwasser oder Regen. So musste ich barfuss in den stinkenden Galoschen rumlaufen. Über Nacht wurden die auch nicht trocken. Gott sei Dank habe ich ein paar kurze dünne Gummisandalen kaufen können, die noch in meine Satteltasche passten. Zum Trocknen der Schuhe habe ich dann zu einem alten Hausmittel gegriffen, mit Zeitungspapier ausstopfen!
Ein sehr hilfreiches Überbleibsel Amerikanischer Kriegstechnik war das
GPS. Ich habe ein kleines wasserfestes Hand-Gerät von Garmin, mit einer
eingespeicherten GPS-Karte von ganz Malaysia. Mit der Routen-Funktion konnte
ich mir schon zu Hause meine Strecken zusammenstellen oder bei Bedarf auch während
des Trips neu berechnen lassen. Man folgt einfach der vorberechneten Route und
weiß immer wo man ist und wie es weiter geht. Eine enorme Vereinfachung
der Orientierung und das alles während der Fahrt.
Falls das Gerät ausfallen sollte, hatte ich natürlich noch eine grobe,
ausgeschnittene Karte über mein Fahrgebiet dabei. Das war ein Blatt von
ca. DIN-A4-Größe.
Die größten Probleme beim Radeln in den Tropen sind Schwitzen und
Wasserzufuhr. Schwitzen ist notwendig zur Kühlung. Das funktioniert bestens
bei genügend Fahrtwind und lockerer Oberbekleidung. Nun beim Bergauffahren
fällt der Fahrtwind und damit die Kühlung weg. Der Schweiß rinnt
in Strömen die Arme und Beine herunter. Die Schuhe werden nass. Von den
Handschuhen tropft die Flüssigkeit im Sekundentakt. Die Fußsohlen
und Innenhände sind am Abend voll gesaugt mit Wasser, sind weiß aufgedunsen,
und sind runzlig wie Elefantenhaut.
Um einen Leistungseinbruch zu verhindern, muss ständig Wasser und Salz
zugeführt werden. Aber nicht nur während der Fahrt - auch am Abend
bis zum schlafengehen und in der Frühe muss ständig getrunken werden
um möglichst viel Wasser im Körper zu speichern. An einem Tag wandern
so 5-6 Liter Wasser durch den Körper.
Regelmäßiges Essen (ca. alle zwei Stunden) und Magnesiumzufuhr sind
auch wichtig, um über 8 Stunden leistungsfähig zu bleiben.
Um keine müden Beine aufkommen zu lassen, fuhr ich alles locker und mit
hoher Trittfrequenz. An Steigungen runterschalten statt den Pedaldruck übermäßig
zu erhöhen.
Irgendwie hatte ich das ganze gut im Griff, denn ich hatte nie Tiefpunkte, nie
schwere Beine und keinen einzigen Krampf.
Hier noch Höhepunkte der verschiedenen Etappen.
1. Tag: Malacca – Kuala Pilah, 97 km, 529 Hm, Radzeit 4:28
Nichts Besonderes. Alles Strecken, die ich schon kannte. Leicht bewölkt.
2. Tag: Kuala Pilah – Bentong, 165 km, 979 Hm, Radzeit 7:11
Die ganze Nacht heftiger Regen bis kurz vor Abfahrt. Den ganzen Tag dunkel bewölkt
aber kein Regen. Wurde aber trotzdem von den nassen Straßen von unten
her nass gespritzt. Herrlich einsame Straßen mit größeren Dschungel-Abschnitten.
Ich bin manchmal eine Stunde durch Dschungel gefahren, ohne einem Fahrzeug oder
einem Menschen zu begegnen. Dafür stoben mit lautem Gekreisch die Affen
durch die Bäume, das Echo der Vögel hallte in dem Dickicht und bei
warmen Sonnenschein bildete das monotone, hochfrequente Zirpen von tausenden
von Zirkaden die Hintergrundmusik. Schmetterlinge auf meiner Schulter hatten
eine ergiebige Salzquelle gefunden. Auf der Straße tummelten sich Nager,
Leguane und Schlangen. Hier fühlte ich mich zu Hause.
3. Tag: Bentong – Fraser’s Hill, 79 km, 1758 Hm, Radzeit 5:32
In der Nacht wieder heftiger Regen. Die kurvige Bergstraße hinauf zum
Fraser’s Hill war übersät mit Blättern, Ästen und
Muren. Plötzlich eine kleine Auto und Lastwagen-Kolonne am Straßenrand.
Ein Bergrutsch hatte die Straße einen Meter hoch mit Schlamm, Felsen und
Baumstämmen unpassierbar gemacht. Drei Bagger waren dabei, alles in das
talseitige tiefe Bachbett zu schieben. Gott sei Dank ist der Straße nichts
passiert. Nach ihrer Freigabe musste ich mich trotzdem durch den speichentiefen
Schlamm durchquälen. Beim nächsten Bach habe ich mit blanken Händen
erst mal mein Gefährt gewaschen.
Beim Knotenpunkt wäre eigentlich eine neue Straße nach Fraser’s
Hill gegangen. Aber dort ist in der Nacht ein 100 Meter langes Stück vollkommen
weggespült worden. Einzige Zufahrt war die alte schmale Straße. Am
Nachmittag Rundfahrt in den Fraser’s Hills, teilweise bei Sonnenschein.
Wunderbare Ausblicke auf die mit Wolkenfetzen umgebenden Bergspitzen.
4. Tag: Fraser’s Hill – Gua Musang, 42 km, 102 Hm, Radzeit 1:53
Nachts wieder heftiger Regen. Meine Klamotten und Schuhe sind in dem kalten
und klammen Zimmer einfach nicht trocken geworden. Also alles nass anziehen
und dann bei 19°C eine 28 km lange eineinhalbstündige Abfahrt. Dieselben
Straßenverhältnisse wie gestern: Regenschwere Bambusstangen bogen
sich bis auf die Straße herab, Blätter, Äste, Steine, Muren,
Erdrutsch, Schlamm, Rad waschen im Bach.
Ich wollte eigentlich heute bis Kuala Lipis und am nächsten Tag bis Gua
Musang fahren, aber aus den am Anfang genannten Gründen habe ich von Raub
aus den Bus genommen.
Bis Raub regenfrei aber danach Dauerregen während der Busfahrt und Ankunft
in Gua Musang.
Die Hoteldame sagte mir, dass es schon zwei Tage ununterbrochen regnete. Sollte
ich aufgeben und versuchen mit dem Bus auf Umwegen nach Ipoh zu gelangen? Nein,
ein Dirk gibt so schnell nicht auf! Ich war extra hierher gekommen, um die Ostroute
nach Cameron Highlands zu fahren und als Zuckerl eventuell noch die Fahrt bis
nach Kota Baru und zur Thailändischen Grenze. Warten wir bis morgen früh
ab. Es muss doch mal aufhören zu regnen.
Problematisch wieder, die Sachen zu trocknen. Ein Lampenschirm, geheizt von
der angeschalteten Glühbirne, diente als Trockner für Handschuhe,
Socken und Stirnband. Radhemd und Hose waren am Rad ausgebreitet. In den Schuhen
Zeitungspapier.
5. Tag: Gua Musang – Rantau Panjang, 169 km, 898 Hm, Radzeit 7:20
Es hat noch die ganze Nacht geregnet. Aber als ich am Morgen aus meinem Südfenster
blickte, tröpfelte es nur noch ein bisschen und der Himmel klärte
sich auf. Also hinein in die fast trockenen Sachen und auf nach Norden. Aber
da war der Himmel schwarz und so setzte auch bald der Regen ein. Fein, dicht,
alles durchdringend. Vier Stunden bin ich auf einer einsamen Straße so
dahingeradelt. Nach einiger Zeit war der warme Regen eigentlich kein Störfaktor
mehr. Im Gegenteil: Ich genoss die Frische und hatte Freude, die beeindruckende
Landschaft zu genießen. Wolkenumhangene Kalksteinkogel wie in Guilin in
China zogen an mir vorbei. Von einem langen, hohen Felsrücken fielen schmale,
lange Wasserfälle zu Tal, die mich an meine Neuseeland-Reise erinnerten.
Die Bäche und kleinen Flüsse waren weit über die Ufer getreten
und eine brodelnde, rostrote Suppe, mit Treibholz durchsetzt, wälzte sich
knapp unter den Brücken hindurch.
Mittag auf einmal Sonne. Bei einer kleinen Garküche habe ich meine Sachen
auf einem warmen Zementsockel getrocknet und die besten gebratenen Nudeln meiner
Reise genossen. Kosten mit zwei Getränken: 0,40 EUR.
Aber weiter im Norden wo ich hinwollte war es dunkel und so setzte wieder der
penetrante Regen ein.
In Jeli sollte eigentlich Schluss sein für heute. Aber oh Schreck die einzige
Unterkunft war ausgebucht. Man verwies mich auf ein Gasthaus, 15 km entfernt.
Ab Jeli auf der viel befahrenen Ost West Highway Nr. 4. Zum Glück war ein
sehr breiter, geteerter Seitenstreifen vorhanden der die Fahrzeuge auf Distanz
von mir hielt. Aber Spritzwasser und Gischt des vorbeirauschenden Verkehrs hüllten
mich gänzlich ein. Es regnete in Strömen. Einmal so heftig, dass ich
mich unterstellen musste. Der Seitenstreifen war vollkommen unter Wasser und
es bestand die Gefahr, dass ich in Löcher oder Gegenstände fuhr.
Der zweite Schock: Das Gasthaus hatte auch keine Zimmer mehr. Da stand ich nun
am Spätnachmittag, nass bis auf die Knochen, hungrig und kein Bett. Man
verwies mich auf Tanah Merah, 35 km entfernt. Das wären noch mal 1,5 Stunden
auf dieser fürchterlichen Straße im Regen. „Dirk, keine Panik“
sagte ich mir, und gab mir Zeit die Situation in Ruhe zu überdenken.
Als erstes habe ich mir was zum Essen und trinken gekauft, meine Wasserflaschen
aufgefüllt und vorsichtshalber noch eine Rolle Kekse eingepackt. Wer weiß
wie lang dieser Tag oder Nacht noch werden wird.
Als zweites habe ich mein GPS konsultiert. Mit der Suchoption Unterkünfte
spuckte mir das Gerät zwei Hotels in Rantau Panjang aus, das ist die Grenzstadt
zu Thailand, 22 km entfernt. Und das Gute war, dass der Ort über eine Nebenstrecke
zu erreichen war, die ich sowieso Morgen hätte fahren wollen.
Ich erreichte das Hotel eine Stunde vor Dunkelheit. Kosten für die Übernachtung
6 EUR.
6. Tag: Rantau Panjang – Pasir Mas, 81 km, 48 Hm, Radzeit 4:07
Ab heute kein Regen mehr bis zum Ende der Reise. Mischung aus leichten Wolken
und Sonnenschein.
Über die Grenzbrücke nach Thailand und dann 20 km weiter nach Norden
nach Tak Bai. Die Strecke völlig eben mit ausgedehnten Reisfeldern zu beiden
Seiten. Auf den abgeernteten Feldern viele Wasserbüffel und Rinder und
als weiße Tupfer die Egrets. Das sind Zugvögel die von Sibirien,
Japan und China im Winter hierher ziehen.
In dem kleinen Ort Tak Bai bin ich über eine schmale Holzbrücke zu
einer vorgelagerten Laguneninsel gefahren. Dann musste ich mein Rad durch weichen
Sand, an kleinen Fischerhäusern vorbei bis zum Palmen besäumten Naturstrand
schieben.
Ich hatte den nördlichsten Punkt meiner Reise erreicht. Innere Freude,
dass ich das geschafft habe. Mit dem Rad von Malacca bis Thailand, Blick auf
das Südchinesische Meer und hinter dem Horizont war Vietnam. Was für
eine kleine Welt.
Mit einer abenteuerlichen Fähre ging es über den Grenzfluss wieder
nach Malaysia.
Nördlich von Kota Baru besuchte ich zwei Thai Tempel und dann kam die große
Entscheidung.
Entweder nach Kota Baru zu radeln, zu Übernachten und am nächsten
Tag komfortabel in 4 Stunden mit dem Express Bus nach Gua Musang zu fahren.
Mein Wunsch war aber auf der alten Holzfällerstrecke mit dem Zug zurück
zu fahren. Das Dumme war nur, dass der Bahnhof nicht in Kota Baru, sondern 20
km entfernt in dem kleinen Ort Pasir Mas war und der Zug um 7 Uhr früh
startete. Da war es noch dunkel und mit dem Rad eine Stunde, unbeleuchtet, über
Landstraßen von Kota Baru zum Bahnhof zu fahren war unmöglich. Ich
wollte aber mit dem Zug fahren! Also Entscheidung, erst nach Pasir Mas zu radeln
und versuchen, eine Unterkunft zu finden. Wenn das nicht klappen sollte, würde
ich zurück nach Kota Baru fahren und den Bus nehmen.
Nun, in Pasir Mas klapperte ich Tankstellen, Geschäfte und Leute wegen
Unterkunft ab, aber: „Hotel, Gasthaus oder Zimmer, … so was gibt
es nicht bei uns“, bekam ich jedes mal zu hören. So fuhr ich von
einem Ende zum anderen Eck des Ortes in der Hoffnung auf ein Mirakel, selbst
noch was zu entdecken. Ich wollte mit dem Zug fahren! Dirks Dickkopf und die
Niemals-Aufgeben-Strategie machten sich bezahlt. An der letzten Tankstelle kam
der entscheidende Tipp. Schräg gegenüber war eine Apotheke und die
vermieten Zimmer. Ich bekam das letzte Bett.
7. Tag: Pasir Mas – Gua Musang
Siebenstündige Fahrt mit dem Bummelzug durch das Herz von Malaysia. Die
Landschaft wechselnd von flachem Reisland, zu hügeligen Plantagen und im
Kernstück Dschungel bewaldete Berge mit einigen Tunnels. Keine Beleuchtung
im Wagon. Diese waren schon vor langer Zeit aus der Decke gerissen worden und
brennen wahrscheinlich in einigen Bauernhütten. Alleine über die schunkelnde
Fahrt, die vollkommen heruntergekommenen Wagons und die aus den Hinterland-Dörfern
stammenden Mitreisenden könnte ich eine eigene Geschichte schreiben.
8. Tag: Gua Musang – Cameron Highland, 115 km, 2769 Hm, Radzeit 7:22
Die Königsetappe. Abfahrt im Morgengrauen. Das Problem dieser Strecke war,
dass der größte Teil durch unbewohntes Gebiet führt. Daher musste
ich zusätzlich einen Wasserkanister und Essen in einer Plastiktüte
mitschleppen, die ich an meinen Lenker hängte. Wie ein Lumpensammler bin
ich dahergekommen.
Etwas Frustration bescherte die lange Anfahrt mit viel rauf und runter. Aber
ich kam einfach nicht auf Höhe. Nach 60 km und einem langen Anstieg auf
400 m Höhe dachte ich jetzt geht es endlich aufwärts. Pustekuchen.
In Null Komma Nichts wieder runter auf 250 m. All das Gestrample umsonst. Das
zermürbt innerlich. Erst nach 70 km ging es dann stetig bergan, immer steiler
werdend mit einem „Wadelbeißer“ 6 km lang mit 15% und mehr
Steigung. Da war auch im ersten Gang kein lockeres Pedalieren mehr möglich.
Schon in den Highlands ging es noch mal runter auf 1200 m. Dort war der Ort
Raja, wo ich am Nachmittag meine erste warme Mahlzeit zu mir nahm. Mein Wasservorrat
von fast drei Litern war aufgebraucht.
Gestärkt hoch bis auf 1600 m und zu dem Ziel, Brinchang.
9. Tag: Brinchang – Ipoh, 102 km, 1410 Hm, Radzeit 5:04
Abfahrt bei 18°C. Umrundung des Golfplatzes und dann steil hinauf zum Berg
Brinchang auf 2032 m gelegen. Einmal in den Teeplantagen und einmal im oberen
Bergwald musste ich schieben. Das war mit dem Rennrad nicht mehr zu schaffen.
Jaaa und dann die Abfahrt. Erstmal runter bis Raja (1 Std), längerer Anstieg
und danach eine 50 Kilometer lange berauschende Traumabfahrt (1,5 Std,) bis
in die 80 m hoch gelegene Ipoh Ebene.
Fünf Kilometer vor dem Ziel meine einzige Panne: ein Platten.
Resümee:
Eine tolle erlebnisreiche Fahrt, die sich in mein Hirn eingebrannt hat.
Durch die penible, mehrwöchige Vorbereitung mit Selektion von Material
und Leistungsaufbau gab es keinerlei Schwierigkeiten während der Reise.
Auch durch die Streckenauswahl und Umsicht beim Fahren kam ich nie in irgendwelche
kritischen Fahrsituationen.
Erstaunlich, wie ich trotz des katastrophalen Regenwetters immer durch die Löcher
geschlüpft bin und nur einen wirklichen Regenfahrtag auf dem Rad hatte.
Ohne das GPS wäre die Tour in dieser Form und Leichtigkeit nicht durchführbar
gewesen.
Folgenden Personen, die zu dem Gelingen unbewusst beigetragen haben, habe ich
zu danken:
- Loi: Radmechaniker, der mein Rennrad nach meinen Angaben und Wünschen
„Bandscheibengerecht“ zusammengebaut hat.
- Arnold: Radkumpel, der uns immer wieder über die Speicherfähigkeit
von Wasser im menschlichen Körper gepredigt hat.
- Sonja: Iron Woman, über den richtigen und wichtigen Gebrauch von Salztabletten
und Magnesium.
- Niels: Radfreund, der mich über die ersten schwierigen Hürden der
GPS Kartentechnik hinweggeholfen hat.
- Casper: Holländischer Weltreisender, der den entscheidenden Hinweis gegeben
hat, nicht die Straße von Raub nach Gua Musang zu benutzen.
- Reinhold Messner: Extrem-Abenteurer, der mich mit seiner Solo-Besteigung des
Mount Everest inspiriert hat und gezeigt hat, dass man durch ein Minimum an
Gewicht und außergewöhnliche Schnelligkeit auch das Unmögliche
überwinden kann.
Dirk